Castle

Allmählich werde ich wohl zum Serienjunkie. Nach Game of Thrones und The Mentalist hab ich zuletzt die amerikanische Krimiserie Castle für mich entdeckt.

Castle 1.StaffelDie Grundidee ist ebenso einfach wie genial: Krimiautor Richard Castle (Nathan Fillion) kennt den New Yorker Bürgermeister und bringt ihn dazu, dass er zu Recherchezwecken einem Team von Mordermittlern bei der Arbeit über die Schultern schauen darf. Dabei belässt er es natürlich nicht – mehr und mehr mischt er sich aktiv in die Polizeiarbeit ein. Ganz neu ist diese Grundidee vielleicht nicht, aber im Rahmen einer Serie lässt sich ihr Potential besser ausschöpfen als in einem Einzelfilm oder -roman. Dass dem so ist, zeigt der Erfolg der Serie, die es inzwischen auf acht Staffeln gebracht hat.

Obwohl sie sich lange Zeit wie Hund und Katz verhalten, kommen sich Castle und Detective Kate Beckett (Stana Katić) im Laufe ihrer Zusammenarbeit natürlich näher, wobei sich der Reiz der Serie auch aus den unterschiedlichen Charakteren ergibt: Castle ist belesen und gebildet und glänzt bei der Aufklärung der Mordfälle immer wieder mit seinem Wissen. Zudem ist er reich und verwöhnt, außerdem ein Filmfreak und Phantastiknerd. So richtig erwachsen ist er wohl nie geworden, was er sogar selbst zugibt, indem er seine Teenager-Tochter Alexis (von deren Mutter er geschieden ist) als das vernünftigere Familienmitglied bezeichnet. Beckett dagegen ist durch eine harte Schule gegangen und steht mit beiden Beinen in der Realität. Mit Castle und Alexis zusammen lebt Castles Mutter Martha, eine nicht mehr ganz so erfolgreiche Schauspielerin, die ihrem Sohn gelegentlich die Leviten liest und ihn daran erinnert, wie er als Teenager war, wenn er Alexis zu sehr vor sich selbst beschützen will. Das Ensemble komplettieren die Detectives Esposito und Ryan sowie die Gerichtsmedizinerin Parish und der Leiter des Morddezernats, der nach seinem Tod in einer späteren Staffel durch eine Leiterin ersetzt wird. Die Figuren kabbeln sich untereinander, wann immer es geht, aber wenn es brenzlig wird, halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Und brenzlig wird es oft.

Was mich an Castle aber neben dem Grundkonzept und den sich von Staffel zu Staffel weiterentwickelnden Figuren so fasziniert, sind die Themen, die von den Autoren aufgegriffen werden. Irgendwie decken sich deren Interessen offensichtlich mit meinen. Natürlich gibt es auch stinknormale Mordfälle, aber erstaunlich oft spielen sich die Ermittlungen in einem Umfeld ab, das Film- und Phantastiknerds erdacht haben müssen: Science-Fiction-Conventions, Comicmessen, TV-Geisterjäger, Grimms Märchen, Zombie-Walks, Bigfoot, Besucher aus der Zukunft, unheilverkündende Filme à la The Ring oder ein Fenster-zum-Hof-Plot, Verschwörungstheorien, Freimaurer-Rätsel, geheimnisvolle Schätze und vieles mehr. Auch wenn sich der phantastische Hintergrund in der Regel als nicht real entpuppt, unterscheiden sich die Fälle doch oftmals erfrischend von denen herkömmlicher Krimiserien.

Nathan Fillion hat mir schon in der Rolle des Raumschiffkapitäns Malcolm Reynolds in der SF-Serie Firefly gut gefallen, aber hier setzt er noch eins drauf: Er spielt den Richard Castle nicht nur, er isses. Wenn er seine oftmals etwas weit hergeholten Tätertheorien auftischt und dazu sein spitzbübisches Grinsen auflegt, sorgt er für mehr als nur für amüsante Unterhaltung. Und auch wenn Beckett und ihre Kollegen seine Theorien oftmals ins Lächerliche ziehen, sind sie doch klug genug, die Essenz daraus zu ziehen und für die Aufklärung zu nutzen. Dabei ergänzen sich die Teammitglieder zuweilen, als wären sie Geistes- und Seelenverwandte.

Castle Heat WaveDer Clou an der Serie: Castle verwendet Beckett als Vorlage für eine neue Romanfigur namens Nikki Heat, über die Beckett zunächst lästert, das klinge eher wie ein Künstlername im horizontalen Gewerbe. Im Lauf der Staffeln schreibt Castle Fortsetzungen, die allesamt auch als echte Bücher erschienen sind – mit Castles/Fillions Foto auf dem Cover als angeblichem Autor. Inzwischen gibt es sogar Romane mit Castles früherem Helden Derrick Storm – und nicht nur Romane, sondern auch ein Marvel-Comic. Wenn das keine optimale Ausbeute aus der Grundidee ist, dann weiß ich auch nicht …

6 Antworten zu “Castle

  1. Was ist denn bitteschön ein Fenster zum Hof Plot?

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    • Das bezieht sich auf den Hitchcock-Film „Das Fenster zum Hof“ von 1954, in dem ein Journalist wegen eines Gipsbeins ans Haus gefesselt ist und durch die Fensterscheiben mutmaßlich eine Straftat in einer Wohnung im gegenüberliegenden Haus beobachtet.

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  2. Ich liebe Castle. Seine kindliche Begeisterung für abstruse Storys und alles Übernatürliche ist mal was anderes im sonstigen „harte Ermittler“ Einerlei.
    Besonders gefällt mir diese Meta-Ebene, wenn sie über die Romane Castles reden, die man dann als Zuseher auch kaufen kann. Brillantes Merchandising.
    Ein Highlight sind für mich auch die Pokerrunden mit den Thriller-Autoren – wenn sie Castle erklären, dass der akutelle Mordfall ein ganz schlechter Krimiplot ist, weil dieses und jenes fehlt oder unlogisch ist und Castle daraufhin eine seiner wahnwitzigen Theorien aufstellt – göttlich :-D

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  3. Ich liebe die Serie auch, obwohl mir Beckett eigentlich überhaupt nicht gefiel. Die Nebenrollen sind auch cool besetzt, für DS9-Fans natürlich sehr sehenswert: Penny Johnson Jerald, die Kasidy Yates dort und Captain Victoria Gates bei Castle.

    Die Pokerrunden fallen aber irgendwann weg, oder?

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